3.4. orale Vokale


Orale Vokale sind Vokale, bei denen ausschließlich der Mund als Resonanzraum dient. Sie können das leicht nachprüfen, indem Sie a, e, i, o, u, ä, ü, ö sagen und sich die Nase dabei zuhalten oder eben nicht. Das macht im Falle der oralen Vokale keinen Unterschied.

Machen Sie das gleiche mit einem nasalen Vokal, dann werden Sie feststellen, dass Ihre Nase vibriert, wenn Sie sie zuhalten. Das heißt nicht, dass Sie mit zugehaltener Nase keinen Nasallaut produzieren können, die Luft kann ja immer noch durch den Mund entweichen, aber es verdeutlicht, dass die Nase als Resonanzraum mitgenutzt wird.

(Logischerweise klingen Nasallaute mit zugehaltener Nase natürlich anders, als mit offener Nase, die Größe des Resonanzraumes wird ja verändert, aber Nasallaute kann man auch mit verschnupfter Nase produzieren, was ausgesprochen günstig ist, denn andernfalls würden die Brasilianer und Portugiesen ja bei einer Influenza Welle verstummen. Tatsächlich klingen Sie dann aber lediglich ein bisschen dunkler, die Kommunikation ist aber immer noch möglich.)

Es ist, das ist ein Unterschied zu den nasalen Konsonanten m und n, nicht so, dass bei nasalen Vokalen die Luft ausschließlich über die Nase entweicht. Sie entweicht sowohl über den Mund als auch über die Nase. Kann Sie durch die Nase nicht entweichen, dann wirbelt sie trotzdem in der Nase und entweicht dann über den Mund. Man kann einen nasalen Vokal also auch mit verschnupfter Nase produzieren.

(Gäbe es lange m und n, dann würde ein Schnupfen tatsächlich die Kommunikation behindern, denn mmmmmmmm bzw. nnnnnnnnn ist nur mit offener Nase möglich. Gott sei Dank sind die Dinger aber immer ziemlich kurz und so ein bisschen Platz in der Nase, wo man die Luft dann kurz parken kann, ist immer da.)

Ob die Nase vollständig durch den Mund entweicht, vollständig durch die Nase oder durch beide hängt ab von der Stellung des Gaumensegels. Das Gaumensegel sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schauen und weit den Mund öffnen. Es ist der am Ende der Mundhöhle sichtbare Zipfel oben. Ist das Gaumensegel vollkommen gesenkt, dann kann die Luft durch die Nase entweichen, weil die Verbindung zwischen Mundhöhle und Nasenhöhle dann nicht geschlossen ist. Ist das Gaumensegel vollkommen hochgezogen, ist die Verbindung zur Nasenhöhle vollkommen gekappt. Diese Konstellation ist notwendig, wenn wir z.B. p, t, d produzieren wollen. Bei p, t, d wird die Luft im Mund gestaut und entweicht dann auf einen Schlag. Könnten wir aber die Verbindung zum Nasenraum nicht kappen, dann ginge dies nicht. Man kann keine Luft im Mund stauen, wenn diese durch die Nase entweichen kann.

Dass das Gaumensegel gesteuert werden kann, ist schwer einzusehen und noch noch weniger ist man sich dessen bewusst. Sie können aber mal mmmmmmmmmmm sagen und dann die Verbindung zum Nasenraum kappen, indem Sie das Gaumensegel hochziehen. (Wodurch Ihr mmmmmmmmmmm naheliegenderweise abrupt beendet wird.) Das geht, wodurch dann bewiesen ist, dass das Gaumensegel gesteuert werden kann. Der langen Rede kurzer Sinn. Bei oralen Vokalen wird die Nase nicht als Resonanzraum genutzt.

Portugiesisch hat 10 orale Vokale. Das ist weniger, als das Französische hat, welches es ja auf beeindruckende 15 orale Vokale bringt, siehe Das Lautbild des Französischen im Überblick.

IPA DarstellungGraphem BeispieleBedeutung
[a]áágua Wasser
[ɐ]acama Bett
[ɐ]àá (a Präposition + a Artikel
[ɐ]â ângulo Winkel
[ɑ]aalguém Irgendwer
[e]ecena Bühne
[e]êvocê Höflichkeitsform Singular (Sie)
[ɛ]é café Kaffee
[ɘ]ede von
[i]etelefone (Br.) Telefon
[i]ilivro Buch
[o]onovo neu
[o]ôavô Großvater
[ɔ]oporta Tür
[ɔ]óavó Großmutter
[u]utudo alles
[u]úútil nützlich


Man kann sich jetzt die Frage stellen, ob die phonetische Umschrift tatsächlich hilfreich ist. In einer Fremdsprache hört man die feinen Unterschiede zwischen eng beinanderliegenden Lauten nicht unbedingt. Der Deutsche hört den Unterschied zwischen 'die Rose' und 'die Rosse' (also viele Pferde). Deutsche können aber Probleme haben, den Unterschied zwischen avô, geschlossenes o wie in Rose, die Lippen runden sich, und avó, offenes o wie in Rosse, ohne Rundung der Lippen, zu hören. Das eine heißt aber Großvater, das andere Großmutter. Insofern kann die phonetische Umschrift hilfreich sein, auch wenn online Wörterbücher vertont sind. Klassische Wörterbücher beschreiben die Aussprache anhand der phonetischen Umschrift.

Allerdings muss die phonetische Umschrift nicht notwendigerweise der Weisheit letzter Schluss sein. Von praktisch jedem Vokal gibt es unendlich viele Varianten, da der Resonanzraum stufenlos eingestellt werden kann und folglich gibt es weit mehr Realisierungen eines Vokals als IPA Zeichen. Des weiteren zeigt die phonetische Umschrift immer eine wie auch definierten Standard. Wie allgemeingültig dieser tatsächlich ist, steht auf einem anderen Blatt.

Manche Laute hat das Deutsche gar nicht im Angebot. Das Deutsche z.B. kennt nur das offene a, bei dem die Kinnlade nach unten geht, wenn man es ausspricht ( Arm etc.). Das geschlossene a kennt man im Deutschen nur bei Schnellsprech, also wenn die Endung -er am Schluss nicht ausgesprochen wird (Verkäufer /Verkäufa/). Macht man sich über die phonetische Umschrift ein bisschen Gedanken, dann wird man für solche Phänomene sensibilisiert. Bei ângulo sollte also das Kinn nicht wackeln und der Ton weiter hinten im Mundraum produziert werden. Lernt man eine Fremdsprache, wird immer der Ton der Muttersprache genommen, der dem Ton der Fremdsprache am meisten ähnelt. Ist man für diese Phänomene sensibilisiert, steigen die Chancen, den richtigen Ton zu treffen.

Wie man sieht, können einem Graphem mehrere Phoneme entsprechen und einem Phonem mehrere Grapheme. Lediglich die Vokale, die einen Akzent tragen, sind eindeutig.

Wir merken uns jetzt erstmal, dass der acento circunflexo anzeigt, dass der Vokal als geschlossen ausgesprochen wird, der acento agudo darauf verweist, dass der Vokal offen ausgesprochen wird.

Was das genau bedeutet, sehen wir weiter unten.

(Kurz: Ein offenes o ist ein o wie in offen. Das haben die Germanen extra so gemacht, damit man sich das gut merken kann. Das o in offen ist offen, das heißt, die Lippen werden nicht gerundet. Das o in Rose ist geschlossen, die Lippen werden gerundet. Mit der Länge hat das im übrigen nichts zu tun. Zwar ist das o in Rose länger als das o in Rosse und wahrscheinlich werden alle geschlossenen os im Deutschen länger gesprochen, aber das ist eine andere Baustelle.)

Das geschlossene e ist ein e wie in eklig und das offene e ist ein ä wie in ähnlich. Das Problem hierbei ist, dass es zwischen dem geschlossenen e wie in eklig und dem offenen e wie in ähnlich noch einen Ton gibt, der so etwa klingt wie e in England. Sprechen sie mal hintereinanderweg eklig, England, eklig, England, eklig, England. Sie werden merken, dass bei e ihre Zunge eine andere Position einnimmt. Das portugiesische offene e hängt irgendwo zwischen offenem e und geschlossenem e. Das ist im übrigen auch im Italienischen caffè und im Französischen vrai so. So offen wie das Deutsche ä ist das italienische, bzw. französische offene e nicht. Findet zumindest der Autor dieser Zeilen.

Wir werden im folgenden die Vokale, die eng beieinander liegen kontrastiv gegenüberstellen. Über den Unterschied zwischen u und i, o und a etc. braucht man ja nicht zu reden.





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